Die Vision einer Industrie 4.0 wird beständig weiterentwickelt. Besonders auf Messen und Konferenzen, die der produzierenden Industrie gewidmet sind, ist die Begeisterung für die Konzepte der Industrie 4.0 unübersehbar. Die Diskussion über die Definition und die Ausgestaltung der allgemeinen Vision weichen zunehmend einer Präzisierung durch praktische Aspekte der bereits erfolgten Transformationen. Dabei kristallisieren sich auch reelle Schwierigkeiten der Unternehmen bei der Umsetzung der Konzepte heraus.
Im Weiteren führen wir einige Punkte auf, über die man sich Gedanken machen sollte, um den Weg im Labyrinth der Veränderungen, die die vierte industrielle Revolution mitgebracht hat, nicht zu verlieren.
Industrie 4.0 – Pilotphase
Unternehmen testen und verifizieren häufiger neue Werkzeuge und Verfahren in einer kleineren Skala, bevor die endgültige Entscheidung über ihren unternehmensweiten Einsatz getroffen wird. Es passiert nicht selten, dass die eine Umsetzung dadurch bereits in der Pilotphase scheitert.
Das ist oft die Konsequenz des Missachtens von wichtigen Eigenschaften des Industrie 4.0 Konzeptes. Die am Markt angebotenen Lösungen sind fast immer maßgeschneidert und erfordern die individuelle Anpassung an die Anforderungen des Unternehmens. Das Problem wird besonders beim Einsatz von IT-Systemen in der Produktion deutlich. Diese müssen die Prozesse der Unternehmen exakt abbilden und mit anderen in der Produktion genutzten IT-Systemen und Elementen der Automatisierung kommunizieren.
Aus Kostengründen kommt häufiger in der Pilotphase lediglich eine Standardversion der Software zum Einsatz. Eine Standardsoftware kann aber in der Regel, die spezifischen Anforderungen in der Produktion nicht erfüllen. Dadurch wird die Bedeutung die Software in der Pilotphase massiv abgewertet.
Ein weiteres Problem, im Zusammenhang mit der Pilotversion ist der Zeitrahmen, der für die ordnungsgemäße Evaluierung erforderlich ist. Die meisten Werkzeuge der Industrie 4.0 sollten über einen längeren Zeitraum evaluiert werden, um eine sinnvolle Bewertung vornehmen zu können. So benötigen Mitarbeiter für eine effektive Arbeit mit einem neuen Werkzeug eine ausreichende Einarbeitungszeit. Zu Beginn der Tests muss berücksichtigt werden, dass die gemessenen Leistungsindikatoren zunächst nicht ansteigen werden, sondern sogar sinken können. Ein mangelndes Verständnis dieses Prinzips kann zu falschen Schlussfolgerungen und letztlich zur Aufgabe der Anwendung führen.
Industrie 4.0 – Prioritäten
Das Spektrum an Lösungen aus denen sich die Industrie 4.0 bedient, ist sehr breit: Robotik, Steuerungen, Scanner, Sensoren, industrielle Netzwerke (LAN, WLAN), Informationssysteme (APS, MES, SCADA). Diese schiere Masse kann zu Unsicherheit und Unentschlossenheit bei der Wahl zur Einführung einer Lösung führen. Es kann aber auch zugleich Schwierigkeiten bei der Definition und Festlegung realistischer Ziele und Etappen der neuen Lösung zur Folge haben.
Selbstverständlich bietet der Markt bereits seit einiger Zeit unterstützende Werkzeuge zur Planung einer Industrie 4.0-Transformation im Unternehmen. Ein Beispiel dafür ist die SIRI-Matrix (Smart Industry Readiness Index). Sie systematisiert bestimmte Stufen von Aktivitäten, wie z.B. Prozessintegration, Automatisierung, Informationszirkulation oder Kompetenz und Vorbereitung der Mitarbeiter. Ihr Einsatz kann helfen optimale Investitionsentscheidungen zu treffen und einen besseren Weg der Transformation in einem Unternehmen zu wählen.
Mitarbeiter
Die im Unternehmen beschäftigten Produktions-, Logistik- oder Buchhaltungsspezialisten sind selten gleichzeitig Experten für die Einführung neuester Lösungen auf dem Gebiet der IT-Systeme der Industrie 4.0. Der Mangel an Personal mit Erfahrung in der Umsetzung von Lösungen aus diesen Bereichen stellt für viele Unternehmen ein zusätzliches Hindernis bei der Einführung von neuen Werkzeugen dar. Um dieses Problem zu bewältigen, ist es daher durchaus angebracht externe Spezialisten einzubeziehen. Sie sollten über hohe Kompetenzen bei der Umsetzung ausgewählter Technologien verfügen und umfassende Kenntnisse der produzierenden Industrie besitzen, möglichst aus der Branche.
Es darf nicht vergessen werden, dass selbst eine perfekte Technologie nur ein Werkzeug ist, das ohne geeignete Benutzer nichts ausrichten kann. Deshalb ist es bei der Einführung neuer Lösungen überaus wichtig, die Mitarbeiter rechtzeitig einzubeziehen. Den Ängsten der Mitarbeiter über die Ziele und Auswirkungen der geplanten Transformation kann mittels einer glaubwürdigen Informationskampagne begegnet werden. Dadurch können Vorbehalte abgebaut und die allgemeine Akzeptanz gesteigert werden.
Diese wenigen Schwierigkeiten, die immer wieder bei der Umsetzung neuer Lösungen auftreten, sollten Unternehmen nicht hindern dieses Potential zu nutzen und die Lösungen einzusetzen. Die Werkzeuge der Industrie 4.0 eröffnen völlig neue Möglichkeiten im Hinblick auf Effizienzsteigerung sowie größere Flexibilität oder auch Massenpersonalisierung der angebotenen Produkte.