Jedes Lager funktioniert ein wenig anders. Dies ist auf unterschiedliche Eigenschaften des Gebäudes, verschiedene Arten der gelagerten Produkte, Vereinbarungen mit Kunden, unterschiedliche Ausstattung oder Personal zurückzuführen. Trotz dieser Unterschiede gehört eine optimale Warenverteilung immer zu den wichtigsten Aspekten einer guten Lagerorganisation. Die Verteilung der Produkte im Lager beeinflusst die Länge und die Komplexität der Kommissionierungsstrecken. Für die Komplexität der Strecke sind vor allem die Anzahl der besuchten Gänge (Regale) und die Höhe verantwortlich, in der sich die Produkte befinden. Die Warenverteilung beeinflusst also direkt die Kommissionierzeit und diese Kennzahl gehört zu den wichtigsten Leistungsindikatoren des Lagers. Es gibt zahlreiche Schemata, nach denen die Platzierung einzelner Artikel erfolgt. Zu den fünf am häufigsten verwendeten gehören:
Warenverteilung – ABC-Methode
Die ABC-Methode ist das am häufigsten verwendete Lagerplatzzuordnungsmodell. Sie basiert auf einer Analyse der Produkte hinsichtlich eines der folgenden Kriterien:
- Anzahl der Warenausgaben,
- Gewicht/Volumen der Waren,
- Verkaufswert/Gewinn aus dem Verkauf.
Die ABC-Analyse berücksichtigt immer nur eines dieser Kriterien. Es ist nicht möglich, mehrere von ihnen gleichzeitig zusammenzuführen. Nach der klassischen ABC-Methode werden alle Produkte in drei Gruppen mit folgendem Prozentanteil unterteilt: A – 80%, B – 15%, C – 5%. Dies führt dazu, dass die ABC-Analyse häufig mit dem Pareto-Prinzip verglichen wird, bei dem 20% der Produkte, die gemeinsam die Gruppe A bilden, 80% des Gesamtwerts aller Gruppen ausmachen. In der Praxis gibt es viele Modifikationen dieses Schemas, die den einzelnen Gruppen vom oberen Schema abweichende Prozentanteile zuweisen.
Für eine gute ABC-Analyse sind Daten aus einem ausreichend langen Zeitraum zugrunde zu legen. Damit wird sollen Fehleinschätzungen vermieden werden, die sich z. B. aus der Saisonabhängigkeit bestimmter Waren ergeben. Produkte der Gruppe A sind dem Versandbereich (oder Packbereich) am nächsten, wohingegen Produkte der Gruppe C am weitesten davon entfernt zu platzieren.
Warenverteilung – XYZ-Methode
Die XYZ-Methode ist eine Erweiterung der ABC-Analyse. Sie erlaubt, die Regelmäßigkeit der Nachfrage nach einem bestimmten Produkt zu berücksichtigen. Nach der XYZ-Methode werden Produkte in den Gruppen A, B und C zusätzlich unterteilt in solche mit:
X – Konstanter Nachfrage mit geringen Schwankungen,
Y – Saisonaler Nachfrage,
Z – Mit unregelmäßiger Nachfrage.
Bei Produkten der Gruppe X ist die Nachfrage am einfachsten vorhersehbar, sodass keine größeren Lagerbestände erforderlich sind. Bei Waren aus der Gruppe Z stehen dem Unternehmen die Optionen Aufbau von Vorräten mit potenziell langer Einlagerungsdauer oder Lieferungen auf Abruf zur Wahl.
Warenverteilung – ABC-FC-Methode (Fuzzy Classification)
Die ABC-FC-Analyse ist eine Variante des klassischen ABC-Modells. Sie basiert auf der Einteilung der Produkte in Gruppen im Rahmen der ABC-Methode und bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Regelmäßigkeit der Entnahmen (wie bei der XYZ-Analyse). Zusätzlich wird als dritter Faktor die Häufigkeit der Produktentnahmen berücksichtigt. Die ABC-FC-Methode ermöglicht es somit, den Lagerplatz des Produkts anhand von drei Faktoren gleichzeitig festzulegen.
Die Warenverteilung im Lager nach der ABC-FC-Methode gilt als wesentlich effizienter im Vergleich zu der klassischen Version. Der wichtigste Vorteil besteht darin, dass mehrere Kriterien gleichzeitig berücksichtigt werden können. Sie ermöglicht eine deutlich präzisere Klassifizierung, insbesondere für Produkte, die sich bei der klassischen ABC-Methode in Grenzbereichen der Gruppen befinden.
Warenverteilung – COI-Methode (Cube per Order Index)
COI ist das einfachste Verfahren, bei dem mehr als ein Kriterium für die Auswahl des Lagerplatzes berücksichtigt werden kann. Die COI-Analyse umfasst zwei Kriterien und stellt einen Quotienten aus Produktgröße und Produktnachfrage dar. Als Größe kann sowohl das Gewicht oder das Volumen des Artikels angenommen werden. Die Nachfrage wird dagegen in Stück ausgedrückt.
Produkte mit dem niedrigsten COI-Wert sind am nächsten dem Ausgabebereich (oder dem Packbereich) zu platzieren. Dadurch verkürzt sich die Länge der Strecke, die die schwersten bzw. sperrigsten Waren zurücklegen müssen. Die COI-Methode wird in der Regel zusammen mit dem System der freien Lagerplatzzuordnung eingesetzt.
Warenverteilung – EIQ-Methode (Entry-Item-Quantity)
Das EIQ-Modell basiert auf der Analyse von drei Faktoren: Liste der Aufträge (Entry of Order), Produkt (Item) und Menge (Quantity). Durch die Analyse der Auftragslisten können u. a. die Zusammenhänge zwischen einzelnen Produkten erfasst oder Schlüsselkunden identifiziert werden.
Bei der EIQ-Methode werden die drei oben genannten Faktoren wie folgt kombiniert:
- Anzahl der von den Kunden bestellten Produkttypen
- Größe der Kundenaufträge
- Größe der Aufträge je Produkttyp
- Eingangsfrequenz der Aufträge je Produkttyp
Verteilung der Waren im Lager – WMS-Lagerverwaltungssystem
Eine Einschränkung der klassischen Methoden zur Lagerplatzzuordnung ist die Schwierigkeit, diese Methoden an die sich schnell ändernden Situationen im Lager anzupassen. Um das Problem einer effizienten Lagerplatzzuordnung zu lösen, werden daher zunehmend Algorithmen der künstlichen Intelligenz, wie z. B. neuronale Netze, eingesetzt. Deren Vorteil ist die systematische, kontinuierliche Analyse und Optimierung der Warenverteilung. Je länger die neuronalen Netze im Lager eingesetzt werden, desto perfekter individualisierte Zuordnungsmethoden lassen sich entwickeln. Aufgrund ihrer Komplexität erfordert der praktische Einsatz von Algorithmen der künstlichen Intelligenz die Unterstützung eines WMS-Lagerverwaltungssystems.